Land Hessen wegen transfeindlicher Einstellungspraxis verurteilt

Arbeitsgericht Gießen

transriots hat uns gebeten deren gewonnen Prozess auf unserer Website zu veröffentlichen. Zum jetzigen Zeitpunkt liegt uns das schriftliche Urteil noch nicht vor, aber wir werden es hier veröffentlichen, sobald wir davon Nachricht erhalten.

„Das Arbeitsgericht Gießen verurteilte das Land Hessen am 16.09.2022 wegen transfeindlicher Einstellungspraxis. Auf Grundlage des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes sprach das Gericht der klagenden Person Schadensersatz und Entschädigung zu. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Nicht-Einstellung nach einem bis dahin erfolgreichen Bewerbungsverfahren einzig und allein in der Identität der klagenden Person als trans begründet lag. Zum Hintergrund: Die klagende Person wurde im Verlauf eines Einstellungsverfahrens als Nachhilfe-Lehrkraft an der Anna-Freud-Schule in Marburg seitens des Arbeitgebers in ein Outing als trans gedrängt. In der Konsequenz wurde die Einstellung überraschend abgesagt, obwohl bereits eine mündliche Zusage gegeben und Termine zum Arbeitsbeginn und Vertragsabschluss vereinbart worden waren. Die klagende Person hatte sogar bereits den Stundenplan für die erste Arbeitswoche bekommen. Leider ist das kein Einzelfall. Statistiken zeigen, dass 45% von trans und abinären Menschen Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt erfahren. Wie viel Empörung dieser Zustand hervorruft, zeigt auch die große Menge an Unterstützer_innen, die zum Prozess anreisten und die klagende Person im Gerichtssaal unterstützten. „Wir wollen mit der Klage die transfeindliche Einstellungspraxis öffentlich machen, die es noch immer in Hessen und Deutschland gibt und die leider keine Seltenheit ist“, betont die klagende Person. „Es geht uns nicht primär um das Entschädigungsgeld“. Im Verlauf des Prozesses zeigte sich das Land Hessen uneinsichtig und ignorant gegenüber der Diskriminierung, die von seinen Landesbediensteten ausgeht. Bei einem vom Gericht angesetzten Gütetermin im April 2022 kam es zu keiner Einigung. Der Umstand, dass es sich bei der Anna-Freud-Schule um eine an eine Kinder- und Jugendpsychiatrie angegliederte sog. „Schule für Kranke“ handelt, führte dazu, dass die Schüler_innen pathologisiert und ohne ihr Wissen oder ihre Zustimmung von Arbeitgeberseite im Prozess instrumentalisiert wurden. Das Land Hessen argumentiert, dass die Verwendung unterschiedlicher Vornamen bei Schüler_innen zu Verwirrung gar Verfolgungswahn führen könne. „Diese „Verwirrungsthese“ gilt allerdings nicht für Spitznamen oder Namenswechsel im Kontext von Eheschließungen“ führt Sasha Asmaul aus der Unterstützungsgruppe aus. „Die Erfahrung zeigt auch, dass Kinder am wenigsten überfordert sind mit Namens- oder auch Pronomenwechsel.“ macht Asmaul deutlich. Abzuwarten bleibt am Ende noch, welche Konsequenzen das Land Hessen nun aus diesem Urteil ziehen wird. Die Unterstützungsgruppe, die den Prozess solidarisch begleitet hat, steht für Rückfragen unter 01630418429 oder bei Instagram unter „transriots“ zur Verfügung.“

Link zum Onlineartikel der nd aktuell:

https://www.nd-aktuell.de/artikel/1167018.lgbtiq-rechte-erfolg-fuer-queere-beschaeftigte.html

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